Sonntag, 5. Februar 2012

Attraversiamo oder: Eat pray love


So, jetzt fange ich endlich mal meine lange geplante Rezension zu „Eat pray love“ von Elizabeth Gilbert an (das ich mir am Bahnhof Neustadt vor Annes und meiner Reise nach Paris gekauft habe und vor ca. 4 Wochen zu Ende gelesen habe).
Beim Recherchieren eben habe ich festgestellt, dass sich die positiven und negativen Meinungen über das Buch die Waage halten, ich denke die Rezeption hängt vor allem davon ab, mit welchen Erwartungen man an das Buch herangeht.
Ich hatte vorher weder den Film gesehen noch die englische Fassung gelesen (was der überwiegende Teil der Leser auf amazon empfiehlt) und hatte somit keine Vorstellungen vom Plot, ich wusste nur, dass es um eine Frau geht, die auf der Suche nach sich selbst um die halbe Welt reist mit Halt in Italien, Indien und auf Bali. Schon damit konnte ich mich gut identifizieren, da ich ja selbst noch alles möglich von der Welt sehen will und deswegen nach meinem Studium eine Weltreise mit Anne plane. Obwohl ich eigentlich kein Fan bin von Romanen mit angeblich so unglücklichen Protagonistinnen auf Selbstfindungstrip, die dann doch ihr Happy End erleben und glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage leben, fand ich diesen Roman an keiner einzigen Stelle kitschig und überzogen.
Vor allem haben mir die wunderschöne Sprache des Buchs gefallen und die vielen Metaphern gefallen; man merkt, dass das Buch von einer Journalistin geschrieben wurde – sie hat, wie die Buddhisten über die westliche Zivilisation sagen, einen „monkey mind“, ist immer ruhelos, will alle ihre Vorhaben sofort in die Tat umsetzen und kann mental nie lange bei ein und derselben Sache bleiben (an einer Stelle beschreibt sie, dass sie „sauschlecht“ beim Meditieren ist, da sie niemals Visionen hat, sie stellt also bei allem, was sie tut, hohe Erwartungen an sich und ihre Umwelt). Trotz allem ist sie eine unverbesserliche Optimistin, sie sieht immer nur das gute in jedem und glaubt (vor allem bei Männern), das jeder wie sie in der Lage ist, sein volles emotionales Potenzial auszuschöpfen, weshalb sie sich schon oft in dieses Potential eines Mannes und nicht in ihn selbst verliebt hat und damit zum „Opfer ihres Optimismus“ wurde.
Eine sehr wichtige Textpassage möchte ich hier noch zitieren (von der Stelle, wo Liz allein für einige Zeit auf Gili Meno, einer einsamen Insel lebt, um die Kunst des Schweigens zu praktizieren): „Alles Leid und alle Freude eines Menschenlebens werden durch Worte verursacht. Wir schaffen Worte, um unsere Erfahrungen wiederzugeben, und diese Worte sind von Gefühlen begleitet, die uns herumzerren, als seien wir Marionetten. Die Weisen nutzen Worte und Ideen zur Erweiterung ihres Bewusstseins, die meisten von uns errichten damit aber nur Gefängnisse, die uns in einem ständigen Schrumpfungsprozess festhalten. Von unseren eigenen Mantras („Ich bin ein Versager.. ich bin einsam.. ich bin einsam“) verführt, werden wir zu Denkmälern dieser Worte. Eine Weile nicht zu reden ist daher ein Versuch, die Worte zu entmachten, uns nicht durch Worte – seien es die eigenen oder fremde – zu sabotieren und zu zerstreuen.“
Bei amazon wird vor allem der egoistische Schreibstil kritisiert, dass Liz eigentlich alles schon hat, was man zum Glücklichsein braucht und auf ihrer Reise viele bedürftige Menschen kennenlernt (die zumindest bedürftiger scheinen als sie), aber erst am Ende wirklich hilft, indem sie ihrer balinesischen Freundin ein Haus kauft.
Ich denke aber das liegt daran, dass sie erst zu sich selbst finden muss, bevor sie anderen helfen kann, denn wenn man sich selbst nicht liebt, kann man auch von anderen nicht geliebt werden (ein Problem, das meiner Meinung nach große Teile der heutigen Gesellschaft betrifft – man kann noch so viele Güter und materiellen Reichtum anhäufen und doch todunglücklich zugleich sein).
Genauso gut konnte ich mich mit ihrer Unfähigkeit, über David hinwegzukommen, identifizieren.. sie erwähnt zwar unzählige Male, wie schlecht diese Beziehung ihr getan hat und dass sie es endlich geschafft hat mit ihm abzuschließen, aber 2 Seiten später wird sie doch wieder rückfällig. Unsere Gefühle sind, wie sie sehr treffend sagt, die Sklaven unserer Gedanken und wir die Sklaven unserer Gefühle. Besonders schön fand ich auch die Stelle, wo sie die Leiden der Kriegsgefangenen in einem Lager beschreibt, die vergewaltigt, verletzt und gefoltert wurden und alle möglichen Leiden erlebt haben, und die dann die Gelegenheit haben, einen Psychologen aufzusuchen. Trotz all ihrer schlimmen Erlebnisse ist das erste, was sie wissen möchten, wie sie das Herz einer geliebten Person erobern können und ich denke, solange man noch Liebe empfinden kann, ist man noch Mensch und hat allen Grund, sich über das Leben zu freuen.
 Um hier nicht zu viel verraten, schreibe ich nur, dass sie auch für dieses Problem am Ende eine Lösung findet – das Buch hat also durchaus ein Happy End, aber zum Glück ohne zu sehr ins Kitschige abzudriften (sie schreibt, dass sicher einmal wieder eine Zeit kommen wird, in der sie Trauer, Zerrissenheit und Zorn empfinden wird, aber dass sie für diese Zeit dann besser gewappnet sein wird).
Nach Vipassana, einer asketischen Meditation, ist die Welt mit Tod und Verfall behaftet, deshalb trauern die Weisen, die darum wissen, nicht. Das Meditieren hilft, so klischeehaft das auch klingen mag, die eigene Mitte zu finden und sich mit seiner Umgebung und dem abzufinden, worüber man keine Kontrolle hat und ich denke, wenn man das verinnerlicht, kann man viel besser leben als wenn man immer mit seinem Schicksal hadert.
Zum Schluss noch eine der besten Weisheiten des Buchs , die Liz von Richard aus Texas mit auf den Weg bekommt: „Manchmal kommt man am ehesten über einen hinweg, wenn man unter einen anderen kommt.“ Nehmt euch das zu Herzen, Mädels!



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