Freitag, 20. Juli 2012

Von Städten aus Eisen, schmelzenden Herzen und koketten Videospielen




Nun ist es schon 4 Tage her, seit ich mir den letzten Glitzer vom Gesicht gewaschen und das letzte Konfetti aus dem Haar gezupft habe – gedanklich bin ich aber noch in der Stadt aus Eisen auf dem Melt!-Festival. Ein Wochenende wie dieses voller Magie, Ekstase und Leidenschaft erlebt man eben auch nicht alle Tage.. ein bisschen vermisse ich die entspannten Leute und die ausgelassene Stimmung schon - obwohl ich in den letzten 5 Jahren sicher an die 15 Festivals besucht habe, war dieses doch eins der Highlights. Vielleicht lag das daran, dass ich zum ersten Mal da war, oder an unserer Zeltgruppe, oder einfach an der bevorstehenden Prüfungszeit, in der bekanntlich immer die exzessivsten Partys gefeiert werden? (Oder, um ein bisschen weiter in die Zukunft zu schweifen, an der bevorstehenden Apokalypse in 5 Monaten?)
Das Wetter schien uns jedenfalls erst einen Strich durch die Rechnung zu machen; schon unsere Anreise am Donnerstag gestaltete sich schwierig, da wir erst durch ein Gewitter aufgehalten wurden und dann durch diverse Einkäufe und Wege, die noch erledigt werden mussten, den ersten Zug nach Gräfenhainichen verpassten. Der nächste trudelte mit 52 Minuten Verspätung ein, immerhin konnten wir uns in der Zwischenzeit einige Mojitos einverleiben und die Stimmung unter den am Bahnsteig versammelten Festivaljüngern besserte sich von Minute zu Minute. Als wir endlich gegen 20 Uhr auf dem Festivalgelände ankamen, wurden wir gleich mit Digitalisms „Idealistic“ und TEEDs „Household Goods“ würdig empfangen, die uns aus dem Ghettoblaster einer am Wegesrand versammelten Partymeute entgegenschallten.
Leider begann zur selben Zeit auch schon die Intro-Party, auf die ich wegen WhoMadeWho gerne gegangen wäre, aber bei uns war ersteinmal Zeltaufbau (Gott sei Dank im Trockenen) und anschließend Weitertrinken und Campingplatz-erkunden angesagt, womit wir den Abend aber auch ganz gut rumbrachten.
Am nächsten Tag wachten wir um 11 davon auf, dass starker Wind und Regen an unserem Zelt zerrten, zum Glück legte sich das Unwetter aber schnell wieder. Danach nahm ich erstmal eine erfrischende Dusche und las „Shades of Grey“ zu Ende, das ich erst am Montag angefangen hatte (dazu folgt aber noch ein Extra-Blogpost). 17 Uhr war es dann endlich soweit und wir machten uns auf den Weg zur Gemini Stage und zu Disclosure, von denen wir leider die ersten 15 Minuten verpassten, da wir die Anstehzeit am Eingang unterschätzt hatten. Der Rest ging dann aber gut ab und ich war echt beeindruckt, was für eine professionelle Show die beiden Jungs (die noch einige Jahre jünger als ich sein dürften) da abgeliefert haben.
Zu „Running“ kam dann die sympathische Jessie Ware auf die Bühne, die die Stimmung nochmal anheizte, danach beendeten Disclosure mit dem sexy „What´s in your head“ ihr Set und ließen eine tanzwütige Menge zurück, die noch lange nicht genug hatte. Die 30minütige Pause vor Jessies Soloauftritt von nutzten wir, um die Merchstände nach Mitbringseln zu durchforsten; leider habe ich etwas zu lange gezögert, mir den Melt!-Schal zu kaufen, am nächsten Tag war er dann leider ausverkauft.
Jessie Ware jedenfalls war live auch sehr souverän, ihr Auftritt hat mich auf jeden Fall neugierig gemacht auf das Debütalbum der SBTRKT-Sängerin, das im August erscheint.
Danach zogen wir gleich weiter zur Mainstage, die zum Glück nur wenige Meter entfernt war und auf der gerade The Rapture mit „In the grace of your love“ ihren Auftritt eröffneten. Es war Liebe auf den ersten Blick und spätestens bei „Sail away“ sang so ziemlich jeder im Publikum mit. Als letztes spielten sie das langersehnte „How deep is your love“, das für frenetische Begeisterungsstürme im Publikum sorgte. Als nächstes spielte Little Boots auf der Gemini Stage, die in ihrem glamourösen hellblau schimmernden Kleid und mit Liedern wie „Stuck on Repeat“, „Every night I say a prayer“ oder „Meddle“ für Discostimmung sorgte.
Anschließend eilten wir zur Melt! Selektor Stage direkt am Gremminer See, wo Brandt Brauer Frick dem Publikum mit einem Technoset einheizte, das sich gewaschen hatte.
Danach habe ich die anderen leider aus den Augen verloren und bin dann allein zu M83 gegangen, bei denen ich ewig an der Seite gewartet habe und dadurch leider keinen Platz in den vorderen Reihen der hoffnungslos überfüllten Gemini Stage bekommen habe – dafür habe ich ein paar andere nette Leute aus Dresden getroffen, mit denen ich dann bei Caribou und Bloc Party gefeiert habe – definitiv meine 2 Festivalhighlights, vor allem das erlösende „Sun“ am Schluss bei Caribou und der sintflutartig einsetzende Regen bei Bloc Partys Opener „Octopus“, der aber der ausgelassenen Festivalstimmung keinen Abbruch tat.
Anschließend war ich noch bei Nero, Modeselektors DJ-Set, Dan Snaith und dem Anfang von Floating Points, bis mich Müdigkeit und Kälte wieder zurück auf den Campingplatz trieben.
Nach einem Dosenfrüchte-Frühstück am nächsten Morgen traute ich mich dann ganz kurz in den Gremminer See, wo leider Duschen bzw. Haarewaschen unter strenger Strafe des Bändchenverlusts verboten war – irgendwie fanden sich aber zum Glück doch Mittel und Wege für die Morgentoilette, ohne von den Argusaugen der Securitys bemerkt zu werden. Der Nachmittag war im Nu vorbei, sodass auch schon der nächste Festivalabend vor der Tür stand. Diesmal schauten wir uns Citizens!, Bondage Fairies, Casper (der mich positiv überraschte, sonst habe ich ja nicht viel mit Rap am Hut), Two door cinema club (ein definitiver Gute-Laune-Garant), Gossip (Beth Ditto war wirklich sehr süß mit ihren Liebesbekundungen für ihr Lieblingsland „Schland“ und der Bühnenauftritt eines als Damenbinde verkleideten Fans war auch sehr unterhaltsam) und den grandiosen Live-Auftritt von Modeselektor an, bei dem sich dann wieder unserer alle Wege trennten. Ich war dann noch bei Rummelsnuff (gute Show, aber sonst nicht so mein Fall), Seth Troxler (der ein sehr gutes Techno-Set gespielt hat) und Electro Guzzi, bevor auch für mich der Abend zu Ende war.
Sonntags war ich leider schon mit Packen beschäftigt, da ich abends schon abreisen musste, um am nächsten Tag fit zum Lernen zu sein. Zum Glück schafften wir es aber nachmittags zu Lana del Rey, von der wir noch „Summertime sadness“, „Video games“ und „National Anthem“ hörten. Da es auch hier wieder einen enormem Andrang an der Gemini Stage gab, konnten wir sie leider nur von der Seite sehen, aber ihr Auftritt war deutlich besser als bei der Echo-Verleihung und mit ihrem türkisen Kleidchen mit den herunterrutschenden Trägern spielte sie geschickt mit ihrem Image zwischen Unschuld und Koketterie. Auf jeden Fall auch einer meiner Höhepunkte auf dem Melt!, auch wenn wir leider nur 3 Lieder hören konnten.
Nach Lana schwenkte ich kurz nochma zur Melt! Selektor Stage, wo Nina Kraviz auflegte – leider aber nicht überzeugend genug, um länger zu verweilen, also ging es wieder zurück zu The Jezabels, die ich vorher nicht kannte, aber die mich als eine von schätzungsweise schon 6538256 live gesehenen Indiebands durchaus positiv überraschten.
Nach ihrem Auftritt wollten wir eigentlich zu Riton und SebastiAn, letzterer hatte aber mal wieder kurzfristig seinen Auftritt abgesagt (wie schon beim Liquid Sunday 2011, nochmal werd ich ihn also nicht einplanen). Stattdessen waren wir bei den Pachanga Boys, einer Fusion aus Superpitcher und Rebolledo auf dem Sleepless Floor, mit deren wunderschöner Musik man gut in den sonntagabendlichen Sonnenuntergang tanzen konnte. Dann war es leider auch schon soweit und mit The whitest boy alive stand mein letzter Act des Melt! 2012 an.. gerade als es richtig schön wurde, musste ich los, um den letzten Shuttlebus zum Gräfenhainicher Bahnhof zu bekommen und dann zurück nach Leipzig zu fahren. Leider sind schöne Momente immer vergänglich, deswegen bin ich sehr dankbar für dieses wunderschöne Wochenende, von dem ich sicher noch lange werde zehren können. Zum Glück steht in 8 Wochen das Berlin Festival an, auf dem ich endlich, endlich, endlich TEED sehen werde und außerdem Sigur Rós, Simian Mobile DiscoNicolas Jaar, Metronomy, SBTRKT und Friendly Fires. Und in 356 Tagen heißt es dann endlich „You melt! my heart 2013“!

















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